Nein sagen ist schon schwer genug, aber wenn man sich gegen Kritik „wehrt“, steht man ja sofort als kritikunfähiges Wesen da. Der oder die andere hat es ja nur gut gemeint, wollte doch nur helfen.
Ja, das glaub ich schon – die Frage ist nur: hab ich drum gebeten? Meistens nicht. Aber wie gesagt, der oder die Kritikerin will dir ja nur Gutes, das ist weder böse gemeint noch zielt es auf dich persönlich ab. Nur auf das, was du da gerade gemacht und wo du (höchstwahrscheinlich) dein Bestes gegeben hast. Also stell dich nicht so an, bedanke dich für die Ratschläge und Verbesserungsvorschläge, geh in dich und ändere das, was kritisiert wurde.
Stellts dir bei diesen Sätzen auch die Haare auf? Mir schon.
Ich bin durchaus kritikfähig, schlage auch nicht sofort zurück, sondern bedanke mich wirklich und ehrlichen Herzens für die Mühe, die sich der andere macht, um mich auf „Fehler“ aufmerksam zu machen. Ich überdenke die angesprochenen Punkte auch und sollte wirklich etwas dabei sein, wo ich mir denke: „Mensch, Bettina, das hätte dir aber auch selber auffallen können! Was hast du da bloß angerichtet?“, dann bin ich bereit, meinen Fehler einzusehen und zu ändern.
Ich bin auch niemand, der vehement seine Meinung vertritt und andere Ansichten nicht zulässt. Ich diskutiere sehr gerne und es kann gut passieren, dass ich während einer schlüssigen Diskussion meine Meinung ändere. Weil die Argumente überzeugend sind.
Wenn ich um die Meinung anderer bitte, sehe ich auch durchaus ein, dass ich diese Meinung auch „entgegennehmen“ sollte – sonst hätte ich nicht drum bitten dürfen. Wer sich Feedback holt, um gebauchpinselt zu werden, sollte sich das gerade im Internet dreimal überlegen. Die Hemmschwelle zu schonungsloser Kritik ist dort weit geringer als wenn dir jemand gegenübersteht und dich quasi Face-to-Face angreifen soll.
So weit, so gut. Wo ist denn nun die Grenze, wo es sich lohnt, aufzustehen und – grob gesagt – dem Gegenüber den Mund zu verbieten? Überall dort, wo DU überzeugt bist, das Richtige zu tun. Es ist völlig egal, ob es richtig ist oder nicht – für dich in deiner Realität fühlt es sich richtig an. Und das solltest du dir von niemandem kaputt machen lassen.
Ich habe das jahrelang praktiziert. Ich hatte eine Idee, hab sie umgesetzt, stolz präsentiert und bei der kleinsten Kritik dazu den Schwanz eingezogen und alles abgeändert. So oft, bis ich mit dem Projekt selber total unglücklich war oder bis wieder jemand kam, der meinte, das müsse man doch ganz anders machen. Dieses Spiel kann man ewig spielen. Es wird nämlich immer jemand kommen und der Meinung sein, das, was du da produziert hast, sei falsch (oder häßlich oder unübersichtlich oder unlogisch oder oder oder). Irgendwann ist die eigene Schmerzgrenze erreicht und man legt die Idee zu den vielen anderen in eine kleine Schachtel und denkt am besten gar nicht mehr dran. Eine weitere Niederlage.
Lass das nicht zu! Hast du um keine „Verbesserungsvorschläge“ gebeten, gib sie dem Menschen einfach zurück, der sie dir ungefragt vor die Füße geworfen hat. Ohne Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche – das hast du nicht nötig. Du kannst es ja nett verpacken, wenn du harmoniebedürftig bist: „Danke für deine Ideen und Vorschläge, aber im Moment habe ich keinen Bedarf an Ratschlägen.“
Das tut man nicht? Warum nicht? Wo steht geschrieben, dass ich etwas annehmen muss, um das ich nicht gebeten habe? Du kannst dein Gegenüber doch nicht so vor den Kopf stoßen? Ach, nicht? Ob er sich auch so viele Gedanken über deine Befindlichkeiten gemacht hat, bevor er dir dein „Baby“ zerredet?
Meine Oma hat immer gesagt:
Geschmäcker und Ohrfeigen sind verschieden!
Recht hatte sie (Wobei ich das mit den Ohrfeigen nicht beurteilen kann, ich gehöre zur ersten Generation, die ohne diese Maßnahme aufwachsen durfte.)! Du wirst es nie allen recht machen können – achte darauf, es in erster Linie DIR recht zu machen. Und lass dich nicht verunsichern durch die Meinung oder Kritik anderer – das ist nur deren persönliche Meinung. Die muss für dich nicht stimmen!
Einschub: Sonderfall Ideenhelden
Was bei den meisten Menschen vielleicht noch gar nicht so sehr ins Gewicht fällt, kann bei Menschen wie mir, die als Ideenhelden und Scanner bekannt sind, schwere Krisen auslösen. Wir produzieren nämlich Ideen wie chinesische Fließbandarbeiter (sorry für den politisch unkorrekten Vergleich, mir fiel nix anderes ein). Und dann kriegt man diese gut gemeinten Ratschläge manchmal bis zu zwei mal pro Woche um die Ohren gehauen.
Es gibt sicher auch unter uns einige, wahrscheinlich sogar viele, die trotzdem organisiert vorgehen, planen, sturkturieren und sich lange Gedanken machen, verbessern, kontrollieren und dann erst ein neues Projekt in die Welt bringen.
Es gibt aber auch welche – und dazu gehöre ich – die eine Idee haben, sie umsetzen und DANN anfangen, an ihr herumzuschrauben und sie zu verbessern. Oder auch nicht, wenns beim ersten Mal schon funktioniert. Wie heißt es so schön:
„Never change a running system!“
(es fällt mir echt schwer, das so stehenzulassen, weil irgendeine Verknüpfung in meinem Kopf aus diesem Satz jedesmal sofort „never fuck the crew“ macht, aber das gehört nun wirklich nicht hierher)
Und Projekte, die laufen, werden uninteressant und damit meist so gelassen, wie sie sind. Und bieten eine breite Angriffsfläche für Kritik. Weil man das ja bitte auch schöner machen kann.
Oder wir haben grad so viele Ideen in der Entstehungsphase, das wir gar nicht dazukommen, jeder einzelnen die gewünschte Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient. Und dann kann für Außenstehende zwischenzeitlich Verwirrung aufkommen, weil grad gar nichts zusammenpasst. Weil keiner in unserem Kopf das große Ganze sehen kann, auf das wir hinarbeiten.
Sondereinschub: Sonderfall Bettina
So ist es gerade bei mir der Fall: Ich habe ein großes Bild im Kopf. Ein sehr großes. Dafür muss ich einzelne Projekte umarbeiten, vereinfachen, aufteilen, umstellen und verschieben. Ich versuche, linear zu arbeiten, um das Grundgerüst so rasch wie möglich hinzustellen. Manchmal fallen mir aber halt Dinge auf, die ich dann doch vorziehen muss, bevor ich an einem anderen Projekt weiterarbeiten kann.
Das Ganze ähnelt einer Baustelle, wo auch Außenstehende nur die Berge an Arbeitsmaterial und die herumstehenden Bauarbeiter sehen und sich fragen, wie das mal ein Gebäude werden soll. Ich habe keine Bauarbeiter – und trotzdem baue ich an einem Schloß. Meinem Schloß. Und es wird wunderbar. Ich sehe es vor mir, wie es strahlt, glitzert und leuchtet. In allen Regenbogenfarben, umgeben von einem verzauberten Feengarten.
Es vereint alles, was ich bin und kann – und wenn es nur einen einzigen Menschen auf diesem Planeten gibt, der mich dort mal besucht und zufriedener wieder geht, hab ich mein Bestes gegeben!
Bis es fertig ist, wird es wie eine Baustelle aussehen, bei der es reinregnet. Man wird sich fragen, warum sie die Wände zum dritten Mal neu streicht und ständig Möbel rückt, obwohl das Dach noch gar nicht drauf ist. Darf man. Man darf sogar mich danach fragen. Ich gebe bereitwillig Auskunft.
Was man nicht darf: einzelne „Räume“ und „Baustellen“ kritisieren oder verbessern wollen. Es sind MEINE Baustellen! Wenn ich fertig bin und es ist Schrott, darf das jeder gerne kundtun. Oder sich an den Kopf greifen, sich umdrehen und gehen. Und sich irgendwann mal dran erinnern, „so eine Verrückte im Internet gekannt zu haben, die nix auf die Reihe gebracht hat“. Wer nicht solange warten möchte – ich bin niemandem böse, der mit meinem Tempo und meinem Chaos nicht zurechtkommt.
Wer mich unterstützen möchte, darf mich gerne loben, mir gut zureden und mir positives Feedback senden. Ja, ich nehme mir heraus, nur Gutes hören zu wollen. Das hat nichts damit zu tun, das ich den Kopf in den Sand stecke. Ich weiß, das es kritische Stimmen und sicher auch konstruktive Kritik gibt. Ich möchte sie bloß jetzt nicht hören. Wenn ich Hilfe und Anregungen brauche, weiß ich schon, wo ich sie mir holen kann.
Klingt das böse? Ist es nicht, ich bin weder böse noch grantig noch frustriert. Und ich möchte auch niemanden beleidigen oder vor den Kopf stoßen.
Ich schaffe mir nur meinen Raum und ziehe meine Grenzen. Im „realen“ Leben ist das etwas einfacher als im Internet. Ich könnte mich auch komplett zurückziehen (hab ich früher immer gerne gemacht – ab ins Schneckenhaus und weg war ich) und dann wie Phönix aus der Asche wiederkommen. Das möchte ich diesmal aber nicht. Ich möchte weiterhin präsent sein, meine Arbeit machen und „nebenbei“ an meinem Schloß weiterbauen.
Wenn du also zufällig auf einer meiner Baustellen landest, lächle still, lass mir ein Butterbrot da zur Stärkung und schau später wieder vorbei. Aber bitte erzähl mir nicht, das ich das „so“ nicht machen kann. Und das das alles so verwirrend und unlogisch ist. Danke. Ich liebe dich dafür. Dafür lade ich dich beizeiten auf einen Urlaub in meinem Schloß ein. Versprochen.
Kritik? Nein, danke, im Moment habe ich keinen Bedarf.
Der Beitrag Sag NEIN zu Kritik! erschien zuerst auf Spirituality goes Web.